Die Reiterei ist bereits heute ohne den geringsten Wert. Dieser Erkenntnis
werden sich die denkenden Militaristen "bald" nicht mehr verschliessen.
Allerdings - es geht langsam mit der Erkenntnis. Schon der Fesselballon war zu
Aufklärungszwecken so vorzüglich, dass die Reiterei überflüssig
erschien. Nach Einführung der Lenkbaren aber weiss man wirklich nicht mehr,
wozu die Reiter da sein sollen.
Es gab einmal eine Zeit, in der man viel davon sprach, wie viel eine Schlacht
durch einen Reiterangriff gewinnt: gleich wird eine neue Situation geschaffen,
die Attacke bringt Verwirrung hervor usw. usw.
Heute brauchen wir von diesen schönen Auseinandersetzungen nicht mehr Notiz
zu nehmen. Der Luftkrieg entwickelt sich ein wenig rascher als der alte Krieg
mit Kanonen und Reiterei.
Ob aber die Militaristen "bald" die Nutzlosigkeit der Pferde einsehen werden?
Man muss das leider bezweifeln. Der militärische Mitarbeiter, der, ohne seinen
Namen zu nennen, für das Berliner Tageblatt schreibt, sagt wörtlich
folgendes:
"Die Leistungen einer günstigen Ballonbeobachtung im Verhältnis
zu den eingehenden Meldungen der Kavallerie sind derartig, dass eben der Erkunder
im Ballon das Gesamtbild des Gefechtes sieht und dem Führer in kurzer Zeit
einen entsprechenden zusammenhängenden Bericht erstatten kann, während
die Kavallerie nur Gefechtsstreifen, unzusammenhängend, nacheinander und
womöglich noch verspätet melden kann. Immerhin wird die Kavallerie
stets noch unser wichtigstes Aufklärungsorgan bleiben müssen, auch wenn
die Vorteile der Ballons noch so grosse sind."
Ich verstehe nicht, wie man es fertig bringen kann, derartig unlogische Sätze
zu schreiben. Wenn der Ballon besser zur Aufklärung ist als die Reiterei,
so kann diese doch nicht das wichtigste Aufklärungsorgan bleiben.
Ich nehme zu Gunsten des Verfassers an, dass er sehr wohl weiss, dass die Reiterei
heute schon total wertlos ist - dass er das aber nicht sagen will, um sich nicht
in Ungelegenheiten zu bringen.
In dem Tone darf es aber nicht so einfach weiter gehen. Das geht nicht. Die Militärschriftsteller
verlieren ihr Renommee, wenn sie Dinge sagen, die jeder Laie als falsch bezeichnen
muss. Wenn die Herren für Zeitungen schreiben, so schreiben sie eben auch
für Laien. Und diese Laien bezahlen den Militarismus durch ihre Steuern.
Die Laien haben somit eine Berechtigung, sich danach zu erkundigen, ob ihr Geld
nutzlos zum Fenster hinausgeworfen wird. Das geschieht aber, wenn man die Reiterei
nicht abschafft.
Die Pferde kosten mehr als die Menschen. Und wenn man auch die Pferde für
die schönsten Tiere der Erde halten muss - ich halte sie sogar für
köstlicher als die Menschen - so darf man doch dieser köstlichen Pferdekörperformen
wegen nicht unzählige Millionen opfern - es genügt doch, wenn wir Rennpferde
und Zirkuspferde haben.
Wenn die europäischen Staaten die Kavallerie abschaffen, so braucht nicht
mehr so viel Hafer angepflanzt zu werden - auch viele Wiesen sind dann nicht
mehr nötig - können für den Ackerbau da sein - die sozialen Verhältnisse
werden ganz erheblich gebessert, wenn die Kavallerieregimenter verschwinden. Bebel
schrieb ein Buch "Die Frau und der Sozialismus" - er sollte demnächst
auch ein Buch schreiben: "Das Pferd und der Sozialismus." Mit Vergnügen
würde ich in dem Buche lesen....
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